Schätzungen zufolge leiden rund 4 Millionen Deutsche an einer Depression, wobei bei den über 65 jährigen jede dritte Person betroffen ist. Studien belegen, dass diese Menschen auch von einer beschleunigten Alterung des Gehirns bedroht sein könnten.
Eine Studie aus dem Jahr 2018 stellt einen Zusammenhang zwischen Depressionen und Gehirnalterung her
Am 9. Mai 2018 veröffentlichte die American Academy of Neurology eine Studie, in der nachgewiesen wurde, dass ältere Menschen mit eindeutigen Symptomen einer Stimmungsstörung auch strukturelle Veränderungen in ihrem Gehirn vorweisen können, die bei älteren Mitbürgern ohne die Symptome dieser Krankheit nicht vorliegen. Die Studie umfasste 1.111 Teilnehmer, wobei das Durchschnittsalter bei 71 Jahren lag, die bis dahin keinen Schlaganfall erlitten hatten.
Zu Beginn der Studie wurden die Teilnehmer psychologisch untersucht, und es wurde ein Gehirnscan sowie eine Bewertung der kognitiven Gedächtnisfähigkeiten vorgenommen. Etwa fünf Jahre später untersuchten die Forscher die Denk- und Gedächtnisfähigkeiten der Teilnehmer und hielten ihre Ergebnisse fest. Um als Teilnehmer an der Studie in Frage zu kommen, mussten die Personen so gesund sein, dass ein MRT kein Problem darstellte, ein Faktor, der möglicherweise die Ergebnisse beeinflusst hätte. Außerdem war die Zeitspanne von fünf Jahren zwischen der Erstuntersuchung und der abschließenden Bewertung eventuell nicht lang genug, um die graduellen Veränderungen des Denkens und des Gedächtnisses vollständig zu testen.
Eine Studie aus dem Jahr 2018 bringt Stimmungsstörungen mit LKB in Zusammenhang
In einer ähnlichen Studie der medizinischen Fakultät der Universität von Pittsburgh, die in Molecular Psychiatry veröffentlicht wurde, entdeckten Forscher, dass Gehirnaufnahmen bei Menschen über 65 mit Symptomen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung bzw. LKB und Stimmungsschwankungen eher Zeichen von biologischen Veränderungen zeigten.
Laut Dr. Meryl A. Butters, einer außerordentlichen Professorin für Psychiatrie an der Universität, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ältere Erwachsene, die eine Phase einer starken Depression durchleben, in Zukunft Demenz entwickeln, doppelt so hoch, wie bei Gleichaltrigen, die vorher unter keiner Gemütsstörung litten. Allerdings können Forscher immer noch nicht vollständig den Zusammenhang zwischen Depression und LKB nachvollziehen.
Die Wissenschaftler nahmen für die Studie Blutproben von 80 älteren Personen, die aufgrund einer starken Depression behandelt wurden, und deren Symptome nachließen. Von diesen Personen hatten 44 normale kognitive Fähigkeiten, wohingegen 36 eine leichte kognitive Beeinträchtigung aufwiesen. Die Blutproben wurden auf 242 Proteine getestet, die mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Krebs, psychiatrischen Krankheiten und neurodegenerativen Störungen assoziiert wurden. Mediziner führten MRT- und PET-Gehirnscans durch, um Anzeichen auf Gehirnschrumpf bzw. Hirnatrophie, zerebrovaskuläre Störungen und Beta-Amyloid, ein mit Alzheimer im Zusammenhang stehendes Protein, zu erkennen.
Gemäß den Ergebnissen weisen Menschen mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung in 24 Proteinen, die mit Immunität und Entzündung, Protein- und Lipidhaushalt sowie der Signalgebung und dem Überleben von Zellen verknüpft sind, eher eine biologische Aktivität auf. Die Gehirnscans zeigten außerdem, dass Personen mit LKB auch anfälliger für kleinere Schlaganfälle oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren. Bezüglich des Vorkommens von Beta-Amyloid wurde allerdings kein Unterschied zwischen den zwei Gruppen festgestellt.
Laut Dr. Butters legen diese Ergebnisse nahe, dass Personen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und Stimmungsstörung einem höheren Risiko für Gehirnalterung ausgesetzt sind. Sie erklärt, dass das Verständnis über die Beziehung zwischen LKB und psychischen Erkrankungen Forschern dabei helfen kann, die kognitive Beeinträchtigung zu verlangsam, oder ihre Weiterentwicklung zu verhindern.
Stimmungsstörung und Alterung
Menschen, die an Krankheiten wie Alzheimer, Herzerkrankungen, Parkinson oder Arthritis leiden, werden oft depressiv. Außerdem haben Medikamente gegen andere Beschwerden häufig auch negative Auswirkungen auf den Gemütszustand. Die gute Nachricht ist, dass 80 bis 90 Prozent der depressiven Menschen eines Tages erfolgreich behandelt werden können. Allerdings kann es für ältere Menschen ein Problem darstellen, Hilfe zu bekommen. Eine Umfrage von Mental Health America zeigt, dass über die Hälfte aller älteren Menschen nur sehr wenig über die Krankheit weiß. Nur 38 Prozent sind der Meinung, dass die Depression ein gesundheitliches Problem ist, und weitere 43 Prozent geben an, dass sie nicht um Hilfe bitten würden.
Obwohl der Zusammenhang zwischen LKB und Gemütszustand noch genauer erforscht werden muss, ist es ebenso wichtig, ältere Menschen über die Krankheit und ihre Behandlung aufzuklären.