Fettlebererkrankungen führen häufig zu chronischen Leberentzündungen und können sogar zu Leberkrebs führen. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Universität Tübingen haben jetzt an Mäusen gezeigt, dass intermittierendes Fasten nach einem 5:2-Schema diese Entwicklung aufhalten kann. Das Fastenregime reduziert die Entwicklung von Leberkrebs bei Mäusen mit bereits bestehender Leberentzündung. Die Forscher identifizierten zwei Proteine in den Leberzellen, die für die schützende Wirkung des Fastens mitverantwortlich sind. Ein zugelassenes Medikament kann diese Wirkung teilweise nachahmen.
Die häufigste chronische Lebererkrankung ist die nichtalkoholische Fettlebererkrankung. Sie kann schwerwiegende Folgen haben: Unbehandelt kann sie zu Leberentzündungen (metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis, MASH), Leberzirrhose und sogar Leberkrebs führen. Die Fettlebererkrankung wird weitgehend als direkte Folge der Fettleibigkeit angesehen. Nicht nur die Menschen in Europa und den USA haben in den letzten Jahrzehnten enorm an Gewicht zugelegt, auch in Schwellenländern wie Indien und China ist Fettleibigkeit immer weiter verbreitet. Die Folge: Die Zahl der Fälle von Leberversagen und Leberkrebs steigt in den betroffenen Ländern stark an. Intermittierendes Fasten hat sich bereits in mehreren Studien als wirksames Mittel zur Gewichtsreduktion und zur Linderung von bestimmten Stoffwechselstörungen erwiesen.
Intermittierendes Fastens als Schutz vor Lebererkrankungen
Das Team um Heikenwälder hat nun an Mäusen getestet, ob dieser Ansatz auch die Leber vor Verfettung und chronischer Entzündung schützen kann. Zu diesem Zweck wurden die Tiere mit einer zucker- und fettreichen Kost gefüttert, die der typischen westlichen Ernährung entspricht. Eine Gruppe von Mäusen hatte ständig Zugang zu dem Futter. Wie erwartet, nahmen diese Tiere an Gewicht und Körperfett zu und entwickelten eine chronische Leberentzündung. Die Mäuse der anderen Gruppe bekamen an zwei Tagen in der Woche nichts zu essen (5:2 intermittierendes Fasten, kurz 5:2 IF), durften aber an den anderen Tagen so viel essen, wie sie wollten. Trotz der kalorienreichen Ernährung nahmen diese Tiere nicht zu, zeigten weniger Anzeichen einer Lebererkrankung und wiesen geringere Werte von Biomarkern auf, die auf Leberschäden hinweisen. Kurz gesagt, sie waren resistent gegen die Entwicklung von MASH.
Interessanterweise war die Resistenz gegen die Entwicklung einer Fettleber unabhängig von der Gesamtkalorienzufuhr, da die Tiere die verlorenen Rationen sofort nach Ende der Fastenperioden wieder auffüllten. Beim Experimentieren mit verschiedenen Varianten des intermittierenden Fastens wurde festgestellt, dass mehrere Parameter den Schutz vor Leberentzündungen bestimmen: Die Anzahl und Dauer der Fastenzyklen spielen eine Rolle, ebenso wie der Beginn der Fastenphase. Ein 5:2-Ernährungsmuster wirkt besser als ein 6:1-Ernährungsmuster, 24-Stunden-Fastenphasen besser als 12-Stunden-Fastenphasen. Eine besonders ungesunde Ernährung erfordert häufigere Fastenzyklen.
Das Team um Heikenwälder wollte nun die molekularen Hintergründe der Fastenreaktion herausfinden. Zu diesem Zweck verglichen die Forscher die Proteinzusammensetzung, die Stoffwechselwege und die Genaktivität in der Leber von fastenden und nicht fastenden Mäusen. Dabei stellten sich zwei Hauptakteure heraus, die für die schützende Fastenreaktion verantwortlich sind: der Transkriptionsfaktor PPARα und das Enzym PCK1. Die beiden molekularen Akteure arbeiten zusammen, um den Abbau von Fettsäuren und die Gluconeogenese zu steigern und die Anhäufung von Fetten zu hemmen. Die Fastenzyklen führen zu tiefgreifenden Stoffwechselveränderungen, die in ihrer Gesamtheit als günstige Entgiftungsmechanismen wirken und helfen, MASH zu bekämpfen.
Dass diese Zusammenhänge nicht nur ein Mausphänomen sind, zeigte sich bei der Untersuchung von Gewebeproben von MASH-Patienten: Auch hier fanden die Forscher das gleiche molekulare Muster mit reduziertem PPAR α und PCK1. Sind PPAR α und PCK1 tatsächlich für die günstigen Effekte des Fastens verantwortlich? Als beide Proteine in den Leberzellen der Mäuse genetisch gleichzeitig ausgeschaltet wurden, konnte das intermittierende Fasten weder die chronische Entzündung noch die Fibrose verhindern.
Das Medikament Pemafibrat ahmt die Wirkung von PPARα in der Zelle nach. Kann die Substanz auch die schützende Wirkung des Fastens imitieren? Die Forscher untersuchten diese Frage an Mäusen. Pemafibrat löste einige der günstigen Stoffwechselveränderungen aus, die beim 5:2-Fasten beobachtet wurden. Allerdings konnte es die schützende Wirkung des Fastens nur teilweise imitieren.
Bessere Blutwerte und weniger Leberkrebs
Während sich die Forscher zunächst auf die Auswirkungen des intermittierenden Fastens auf die Vorbeugung von MASH konzentrierten, untersuchten sie anschließend, ob die 5:2-Diät auch bestehende chronische Leberentzündungen lindern kann. Zu diesem Zweck untersuchte das Team Mäuse, die MASH entwickelt hatten, nachdem sie monatelang mit einer zucker- und fettreichen Ernährung gefüttert worden waren. Nach weiteren vier Monaten intermittierendem 5:2-Fasten (mit der gleichen Diät) wurden diese Tiere mit der nicht-fastenden Kontrollgruppe verglichen. Die Fastenmäuse hatten bessere Blutwerte, weniger Fettleber und Leberentzündungen und vor allem: Sie entwickelten weniger Leberkrebs und hatten weniger Krebsherde in der Leber.
Dies zeigt laut den Forschern das 5:2-Intervallfasten ein großes Potenzial hat – sowohl bei der Prävention von MASH und Leberkrebs als auch bei der Behandlung von bereits bestehenden chronischen Leberentzündungen. Die vielversprechenden Ergebnisse rechtfertigen Studien an Patienten, um herauszufinden, ob intermittierendes Fasten auch vor chronischer Leberentzündung schützt, ebenso wie im Mausmodell. Die 5:2-Fastenkur ist beliebt. Sie gilt als vergleichsweise einfach in den Alltag zu integrieren, da die Fastentage auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt werden können und keine bestimmten Lebensmittel verboten sind. Da es trotzdem immer Menschen geben wird, die eine strenge Diät auf Dauer nicht durchhalten können“ wollen die Forscher witer untersuchen, mit welchen Medikamentenkombinationen sie die schützenden Effekte des Fastens vollständig nachahmen können.
Maus-Experimente notwendig für die genaue Erforschung
Eine kalorienreiche, unausgewogene Ernährung und eine sitzende Lebensweise tragen dazu bei, dass der Anteil der fettleibigen Menschen in vielen Teilen der Welt stark zunimmt. Fettleibigkeit erhöht bei den Betroffenen auch das Risiko einer ganzen Reihe von Folgeerkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Krebs und Gelenkprobleme. Diese Zusammenhänge zu verstehen und im Idealfall gezielt einzugreifen, ist ein äußerst wichtiges Forschungsziel.
Mehrere Organe und Organsysteme sind gemeinsam an der Entstehung der gesundheitlichen Folgen der Adipositas beteiligt. Leber, Bauchspeicheldrüse, Gehirn, Lymphorgane und Fettgewebe wirken hier zusammen, was in der Kulturschale nicht simuliert werden kann. Auch der Darm kann bei der Entstehung von MASH eine Rolle spielen. Die spontane Entstehung von Leberkrebs aus einer Fettleber kann daher nur im Zusammenspiel all dieser Faktoren rekapituliert und untersucht werden.
Entscheidend ist auch der Einfluss von Immunzellen, die aus der Peripherie des Körpers in die Fettleber einwandern, dort aktiviert werden und dann wieder in den Körper zurückwandern, wo sie mit dem Fettgewebe interagieren. Dies kann nur in einem intakten Organismus untersucht werden. Experimente mit Mäusen sind auch notwendig, um zu verstehen, welche Länge der Fastenperioden in Bezug auf den circadianen (Tag-Nacht-) Rhythmus die günstigsten gesundheitlichen Ergebnisse erzielt.