Beeinflusst unser Erbgut unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen? Tatsächlich haben Genetik und Stress mehr gemeinsam, als man glaubt. Jüngste Studien legen nahe, dass ein bestimmtes Gen im menschlichen Erbgut für die Herausbildung geistiger Belastbarkeit zuständig ist, die wiederum eine regere geistige Aktivität im Alter bedeutet. Kognitive Belastbarkeit ist die Fähigkeit, die eigenen mentalen Fähigkeiten trotz Stress und Widrigkeiten zu bewahren.
Man nimmt an, dass diese teils erblich bedingt ist und manche Menschen mit einer höheren Belastbarkeit zur Welt kommen als andere. Ältere Menschen sind anfälliger für Demenz und Alzheimer. Warum aber bauen die einen schon früh geistig ab, während andere länger fit bleiben? Laut Forschungen des MIT sind kognitiv belastbare Menschen gebildeter und verbringen mehr Zeit mit geistig anregenden Tätigkeiten. Diese wiederum stimulieren eine Gengruppe namens MEF2.
Was ist MEF2?
Der Myozyten-Enhancer-Faktor 2 (MEF2) spielt eine wichtige Rolle bei der Herz-Kreislauf-Entwicklung, Differenzierung, nervlichen Entwicklung und der Nervenfunktion. Forscher gehen davon aus, dass MEF2 eine Rolle bei der Steuerung eines Gens spielt, das Gedächtnis und kognitive Funktionen beeinflusst. Studien an Mäusen und Menschen zeigen, dass MEF2 zu kognitiver Belastbarkeit beiträgt. Dies stellte sich bei Experimenten an Mäusen mit hohen MEF2-Werten heraus, die rund sechs Wochen lang jeweils in einem anregenden und anschließend in einem herkömmlichen Laborumfeld lebten. Verglichen mit den unter normalen Bedingungen lebenden Mäusen zeigten jene im anregenden Umfeld eine bessere Leistung bei Orientierungsaufgaben und eine verbesserte dendritische Rückgratdichte.
Kognitive Belastbarkeit und MEF2-Studie
Vielen Studien zufolge können gewisse Umweltfaktoren vor neurodegenerativen Erkrankungen schützen. Durch Einzelzellen-RNA-Sequenzierungsanalyse menschlicher Hirnzellen fanden Forscher zudem heraus, dass MEF2 bei belastbaren Menschen in den Reizzellen des präfrontalen Kortex am aktivsten ist.
Eine jüngste Studie verdeutlicht einen positiven Zusammenhang zwischen geistiger Belastbarkeit und Sprachfähigkeit, Bildungsstand, Lesen und Lösen von Kreuzworträtseln. Sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen stellte sich MEF2 als entscheidender Faktor heraus. Forscher am MIT stellten eine deutliche Korrelation zwischen kognitiver Belastbarkeit und MEF2 fest, neben verschiedenen anderen Genen, die dieser Faktor steuert, und an über 1000 Menschen in zwei menschlichen Datensätzen. Die Mäuse in einem anregenden Umfeld wiesen eine erhöhte MEF2-Aktivität auf, die sich bei Studien an Menschen ebenso zeigte.
Bei Entfernung des MEF2-Faktors aus dem Gewebe des frontalen Kortex wies das anregende Umfeld keine Wirkung mehr auf, weil die Nerven abnormal stark reizbar waren. Den Forschern zufolge könnte MEF2 eine Rolle bei der Gesamtfähigkeit eines Menschen spielen, auf Umweltfaktoren zu reagieren. In der Folgestudie erkundeten die Wissenschaftler die Möglichkeit, ob MEF2 Demenzsymptome bei Mäusen rückgängig machen kann, die ein Tau-Protein zeigen, ein Protein, das bei Demenz involviert und dafür bekannt ist, Proteinschlingen im Gehirn zu erzeugen.
Bei Mäusen, die schon früh einen übermäßig stark ausgeprägten MEF2 zeigten, stellten Forscher fest, dass diese im späteren Leben keine mit Tau-Proteinen verbundene kognitive Störungen zeigten. Sie fanden zudem heraus, dass Neuronen, die übermäßig starke MEF2 aufweisen, weniger reizbar waren. Die Studie enthüllte, dass äußerst stark ausgeprägter MEF2-Faktor hohe Reizbarkeit bei Mäusen mit geistigen Verfallserscheinungen vorbeugt, was auch erklärt, weshalb die Mäuse geistig fitter waren als die Kontrollgruppe.
Wie wir kognitive Belastbarkeit steigern können
Den Ergebnissen zufolge spielt die MEF2-Aktivität eine Rolle beim Schutz vor Demenz. Ihre Fähigkeit, sich nach Umwälzungen oder Widrigkeiten anzupassen und wiederaufzuraffen entscheidet jedoch über Ihre kognitive Belastbarkeit. Wenn Sie belastbar sind, können Sie die Herausforderungen des Lebens leichter meistern. Weniger Belastbare fühlen sich oft überfordert, grübeln viel und wenden ungesunde Strategien an, um mit Stress umzugehen. Dass kann zu Angststörungen und Stress führen. Sie können sich dagegen rüsten, wenn Sie die Anzeichen und Symptome von Angststörungen und Depressionen kennen. Studien zufolge gibt es eine Möglichkeit, die Effektoren auszumachen, die Belastbarkeit und den Schutz der Nerven verbessern, um so eine gezieltere Behandlung zu ermöglichen.
Es sind weitere Studien erforderlich, um zu bestätigen, dass MEF2-Aktivierung unbedenklich ist, da MEF2 viele weitere Zelltypen beeinflusst. Zwischenzeitlich hoffen die Forscher des MIT, mehr darüber herauszufinden, wie geistig anregende Umfelder MEF2 genau aktivieren. Sie wollen auch die Auswirkungen jener Gene untersuchen, die von MEF2 gesteuert werden. Mehr darüber herauszufinden, welche Gene zu kognitiver Belastbarkeit beitragen, könnte der Wissenschaft helfen, neue Eingriffsmöglichkeiten und Therapien zu entwickeln, um ältere Menschen vor altersbedingtem Verfall der kognitiven Funktionen zu schützen.
Fazit
Diese genetische Entdeckung könnte zur Entdeckung weiterer Gene führen, mit erheblichen Auswirkungen auf die Erforschung kognitiver Belastbarkeit. Diese Studie eröffnet neue Möglichkeiten, um älteren Menschen zu helfen, ihre kognitiven Fähigkeiten bis ins hohe Alter zu erhalten. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf ihre Lebensqualität haben. Sport und soziale Kontakte sind ebenso wichtig für die Gesundheit älterer Menschen. Entsprechendes Verhalten zu fördern, könnte zusammen mit der Genetik, für eine bessere Gesndheit im Alter sorgen. Mit weiterer Forschung wird es Experten möglich sein, zu verstehen, wie das kognitive System langfristig unterstützt werden kann.