Vor Kurzem haben Experten den Mythos widerlegt, dass Gefäßerkrankungen bei Männern um Jahrzehnte früher auftreten als bei Frauen. Neueste Forschungen zeigen, dass tatsächlich weibliche Blutgefäße schneller altern, und dass sich bei Frauen Anzeichen von Bluthochdruck wesentlich früher äußern als bei Männern.
Diese Ergebnisse erklären möglicherweise auch, weshalb bei Männern und Frauen der Zeitpunkt, zu dem Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten, ganz unterschiedlich ist. Sie deuten zudem darauf hin, dass sich Herz- und Gefäßerkrankungen bei Frauen anders bemerkbar machen als bei Männern. Die klaren körperlichen Unterschiede bei der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Folgen bei Männern und Frauen legen nahe, dass eine geschlechtsangepasste Diagnose und Behandlung eher erfolgversprechend sind.
Unterschiede bei den Blutgefäßen
Die kürzlich in JAMA Cardiology veröffentlichte Studie fand unter der Leitung von Dr. Susan Cheng (MD, MPH, MMSc.) statt. Cheng ist Leiterin für Forschung in öffentlichen Gesundheitsfragen am Cedars-Sinai-Smidt-Kardiologieinstitut in Kalifornien. Das Forschungsteam untersuchte gesundheitliche Daten über 40 Jahre von Männern und Frauen aus dem Archiv des Nationalen Herz-, Lungen- und Blutinstituts BioLINCC und anderen örtlichen Blutdruckdaten. Dabei wurden auch kürzlich gemessene Blutdruckwerte analysiert. Die fast 33.000 Probanden der Studie waren zwischen fünf und 98 Jahre alt, wobei weibliche mit weiblichen und männliche mit männlichen Daten verglichen wurden.
Bei Blutdruckwerten handelt es sich um einen aussagefähigen und zuverlässigen Indikator in Bezug auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und um ein allgemein verfügbares, nicht-invasives Mittel, um Ärzten Aufschluss über die allgemeine Gefäßgesundheit von Patienten zu geben.
Fast die Hälfte aller Erwachsenen ist von Bluthochdruck betroffen. Bleibt er unbehandelt, kann er zu einer ganzen Reihe von gesundheitlichen Problemen führen, darunter Schlaganfälle, sowie Herz- und Nierenerkrankungen. In den Blutgefäßen selbst führt Bluthochdruck zu Verhärtungen, Rissen und sonstigen Störungen des Blutflusses in lebenswichtigen Organen.
Vorherige Studien haben gezeigt, dass Arterienversteifung bei Frauen schneller voranschreitet als bei Männern, sobald Frauen die Wechseljahre durchlaufen haben. In der Vergangenheit wiederum wurden an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leidende Frauen und Männer jedoch gleich behandelt.
Blutdruck steigt bei Frauen früher an
Die Studie legt nahe, dass Veränderungen an den Arterien tatsächlich schon viel früher eintreten, als bislang angenommen. Die unterschiedlichen Muster beim Anstieg des Blutdrucks scheinen bei Frauen aller Altersstufen gleichbleibend zu sein.
Die Ergebnisse enthüllten, dass der Blutdruck bei Frauen ab 30 früher ansteigt als bei Männern. Dies, so Cheng, bedeute, dass die Gesundheits- und Stressreaktion der Arterien je nach Geschlecht variiere. Der Verlauf von Krankheiten, die vom Zustand der Arterien bedingt seien, unterliege deshalb potentiell ebenso vielen abhängigen Faktoren.
Die Analyse, so Cheng, enthülle wesentlich mehr als nur, dass Männer in Sachen Blutdruckwerten von Frauen eingeholt würden. Die weiblichen Probanden zeigten schon wesentlich früher ein deutlich erhöhtes Ansteigen der Blutdruckwerte. Dies lege nahe, dass bei Frauen und Männern in Sachen Herz-Kreislauf-Gesundheit und -Erkrankungen jeweils unterschiedlich verfahren werden müsse.
Warum altern weibliche Blutgefäße schneller?
Cheng betont, dass noch vieles über das weibliche Herz-Kreislauf-System unbekannt sei, sowie über die Gründe, weshalb die Entwicklung von Bluthochdruck je nach Geschlecht unterschiedlich verlaufe. Von Schlafmangel über Stress bis hin zu hormonellen Veränderungen wurden eine ganze Reihe von möglichen Risikofaktoren für Männer und Frauen ausgemacht. Der Unterschied bei geschlechtsspezifischen Hormonen könne einer der entscheidenden Faktoren sein. Es gebe auch anatomische Unterschiede in Hinblick auf Größe, Form und Steifheit der Arterien zwischen Männern und Frauen, die beachtet werden müssten.
Das Team hofft, dass die Studie einen Ausgangspunkt weiterer Studien über die intrinsischen biologischen und körperlichen Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Herz-Kreislauf-System darstellt. Die Forscher hoffen auch, auf diese Weise das Bewusstsein dahingehend zu steigern, welche Auswirkungen solche Unterschiede bei der Messung und Behandlung von Bluthochdruck haben.
Was können Frauen tun, um Arterienalterung zu verlangsamen?
Die oben erwähnte Studie zeigt auf, wie wichtig es für Frauen ist, schon früh langfristige Schritte zu unternehmen, um Ihre Herz-Kreislauf-Gesundheit zu verbessern, und Ihre Blutgefäße gut in Form zu halten. Hier ein paar mögliche Vorsorgemaßnahmen:
- Tabak vermeiden: Wenn Sie rauchen, sollten Sie damit aufhören. Nikotinkonsum schädigt die Arterienwände, doch zeigen Studien auch, dass Sie selbst nach Jahren des Rauchens noch das Herzerkrankungsrisiko senken können, wenn Sie die Zigaretten beiseitelegen.
- In die Gänge kommen: Die amerikanische Herzgesellschaft empfiehlt 150 Minuten moderates Aerobic-Training (d.h. den Puls in die Höhe treibenden Sport) pro Woche.
- Herzfreundliche Ernährung: Bestimmte Lebensmittel tragen zu einem gesunden Herz-Kreislauf-System bei, während andere das Risiko von Herzkrankheiten und Bluthochdruck erhöhen. Meiden Sie ungesunde Fette, zu viel Salz und Zucker. Ernähren Sie sich ausgewogen mit Obst, Gemüse, unverarbeitetem Fleisch und Vollkornprodukten. Bedenken Sie, dass die Größe der Portionen ebenso wichtig wie die Wahl der Lebensmittel, und dass Ihre Ernährung eine tägliche, bewusste Entscheidung ist.
- Mäßiger Alkoholkonsum: Studien zeigen, dass ein alkoholisches Getränk pro Tag Herzkrankheiten vorbeugen kann, da die HDL-Werte (d.h. gutes Cholesterin) erhöht und das Blut verdünnt werden. Mehr jedoch schadet dem Herzmuskel und erhöht den Blutdruck.
- Stress lindern: Ob durch Spaziergänge im Grünen, Meditation, Hobbys oder professionelle Therapie: Es ist lebenswichtig, Stressfaktoren in Ihrem Leben in den Griff zu bekommen.
- Regelmäßige ärztliche Untersuchungen: Achten Sie auf weitere Krankheiten oder Lebensbedingungen, die Ihre Herzgesundheit beeinflussen können, wie z.B. Wechseljahre, Diabetes und erhöhte Blutfettwerte.
Fazit
Alles in allem stellt diese Studie den Mythos in Frage, dass das Herz-Kreislauf-System von Frauen länger gesund bleibt, und Frauen Bluthochdruck besser aushalten. Sie zeigt, dass weibliche Blutgefäße schneller altern, und nicht etwa langsamer. Die Frage, warum das so ist, ist zwar noch nicht vollständig beantwortet, doch können Sie bereits Schritte unternehmen, um Ihre Herzgesundheit zu verbessern, und so das Risiko für die Entstehung von Gefäßerkrankungen zu minimieren.