Die konsequente Einhaltung von Richtlinien für körperliche Aktivität im mittleren Lebensalter ist laut Forschungen mit einer höheren gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Frauen verbunden. Dies geht aus einer neuen Studie von Binh Nguyen von der Universität Sydney, Australien, und Kollegen hervor, die in der Open-Access-Zeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht wurde.
Körperliche Aktivität verspricht eine höhere Lebensqualität
Die Belege für einen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und gesundheitsbezogener Lebensqualität beruhen in erster Linie auf Querschnittsstudien und kurzfristigen randomisierten kontrollierten Studien. Nur wenige Längsschnittstudien haben körperliche Aktivität zu mehr als einem Zeitpunkt gemessen und die langfristigen kausalen Auswirkungen von Bewegung untersucht. In der neuen Studie verwendeten die Forscher Daten, die ab 1996 in dreijährigen Abständen von 11.336 Teilnehmerinnen der Australian Longitudinal Study on Women’s Health erhoben wurden. Die Frauen waren in den Jahren 1946 bis 1951 geboren und damit zu Beginn der Studie zwischen 47 und 52 Jahre alt. Die Teilnehmerinnen wurden so eingestuft, dass sie entweder die WHO-Richtlinien für körperliche Aktivität – 150 Minuten pro Woche – über den gesamten Zeitraum von fünfzehn Jahren hinweg erfüllten, dass sie die Richtlinien anfangs nicht erfüllten, aber im Alter von 55, 60 oder 65 Jahren damit begannen, sie zu erfüllen, oder dass sie die Richtlinien nie erfüllten.
Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde anhand des zusammengesetzten Punktewerts für die körperliche Gesundheit (PCS) und des zusammengesetzten Punktewerts für die geistige Gesundheit (MCS) aus der Kurzbefragung zur Gesundheit (Short Form 36 Health Survey) bewertet, die 36 Fragen zur funktionalen Gesundheit und zum Wohlbefinden enthält. Im Durchschnitt wiesen Frauen, die die Richtlinien für körperliche Aktivität konsequent einhielten, und jene, die erst im Alter von 55 Jahren damit begannen, einen um drei Punkte höheren PCS auf , verglichen mit Personen, die die Richtlinien für körperliche Aktivität nicht einhielten. Die Auswirkung der körperlichen Aktivität auf die PSC war auch nach Kontrolle der sozioökonomischen Faktoren und der vorbestehenden Gesundheitsdiagnosen signifikant.
Die Vorteile von Bewegung
Zusammen mit den bereits vorhandenen Erkenntnissen trägt diese Studie dazu bei, dass die Vorteile der Beibehaltung oder Einführung eines aktiven Lebensstils im mittleren Alter immer deutlicher werden. Eine wichtige Botschaft für die öffentliche Gesundheit ist, dass ein aktiver Lebensstil über möglichst viele Jahre hinweg, auch wenn Frauen erst mit Mitte 50 beginnen, die Richtlinien für körperliche Aktivität zu erfüllen, bedeutende gesundheitliche Vorteile für die körperliche Gesundheit, insbesondere für die körperliche Leistungsfähigkeit, haben könnte.
Tatsächlich kann Sport helfen, die Blutzuckerwerte des Körpers stabil zu halten. Dies trägt u.a. dazu bei, der Entstehung von Diabetes vorzubeugen. Darüber hinaus ist Bewegung wichtig, um Muskelmasse aufzubauen und zu erhalten. Eine erhöhte Muskelmasse kann dabei helfen, Stürzen vorzubeugen, die vor allem in höherem Alter auftreten. Auch das Herz-Kreislaufsystem profitiert von körperlicher Betätigung. Dabei reicht oft schon der regelmäßige Spaziergang. Zügiges Gehen auf regelmäßiger Basis fördert nicht nur den Muskelstoffwechsel, es erhöht auch die Elastizität der Gefäße, und verbessert die Herzfunktion. Und: Forschungen zeigen sogar, dass körperliche Fitness dazu beiträgt, das Demenzrisiko um 33 Prozent zu verringern. Dies liegt insbesondere daran, dass Sport dabei hilft, die Durchblutung des Gehirns zu erhöhen, wodurch das Wachstum und Überleben von Gehirnzellen stimuliert wird.
Viele Hindernisse für Menschen im Rentenalter
Frühere Forschungen haben bereits gezeigt, dass vor allem die über 55-Jährigen mehr tun sollten, um sich fit zu halten, wenn sie sich dem Rentenalter nähern – wegen der körperlichen, geistigen und sozialen Vorteile, die Bewegung mit sich bringt. Doch Gesundheitsprobleme, Zeit- und Energiemangel aufgrund von Arbeit und mangelnde Motivation lassen viele, die sich dem Ruhestand nähern, in schlechter Verfassung zurück.
Forscher der Universität von East Anglia arbeiteten mit Active Norfolk zusammen, um Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Ruhestand und körperlicher Betätigung zu gewinnen. Mehr als 1.000 Personen über 55 Jahre nahmen an einer Online-Umfrage zum Thema „Körperliche Aktivität und Übergang in den Ruhestand“ teil, in der es um das Ausmaß ihrer körperlichen Aktivität sowie um ihre Erwartungen und Erfahrungen mit dem Ruhestand ging. Außerdem führte das Forschungsteam Fokusgruppen und Interviews mit Menschen im Rentenalter zum Thema körperliche Aktivität durch. Vor allem in Ländern wie England nimmt die Teilnahme an körperlicher Aktivität um das Alter von 55 Jahren herum tendenziell ab.
Gebrechlichkeit und Vorgebrechlichkeit – der Rückgang von Gesundheit, Belastbarkeit und Mobilität, der oft mit dem Altern einhergeht – sind Zustände, von denen man früher annahm, dass sie bei Menschen im Rentenalter und darüber auftreten. Inzwischen ist jedoch ein Drittel der britischen Erwachsenen im Alter von 50 bis 65 Jahren von diesen Krankheiten betroffen. Erwachsene verbringen mehr Jahre ihres Lebens im Beruf als jemals zuvor. Der Eintritt in den Ruhestand ist ein lebensveränderndes Ereignis, das viele Möglichkeiten bietet – aber er geht mit einer Abnahme der körperlichen Aktivität, der Gesundheit und des Wohlbefindens einher. Um einen fitten und gesunden Ruhestand genießen zu können, müssen Menschen ihre körperliche Fitness bis zum Alter von 50 Jahren und darüber hinaus aufrechterhalten. Die Forscher haben jedoch festgestellt, dass dem viele Hindernisse entgegenstehen, angefangen bei einem schlechten Gesundheitszustand, mangelnder Motivation, den Kosten und der Verfügbarkeit von Sport, Aktivitäten und Fitnesskursen bis hin zu Zeitmangel aufgrund von Arbeit oder in vielen Fällen aufgrund von Betreuungspflichten. Die Unterstützung älterer Erwachsener bei einem aktiven Lebensstil vor und im Ruhestand könnte dafür sorgen, dass die Menschen im Ruhestand mobiler, leistungsfähiger und gesünder sind.
Bereitstellung von Möglichkeiten, um Bewegung im Alter und die Lebensqualität zu fördern
Der Bericht zeigt, wie Arbeitgeber und Gesundheitsdienstleister mehr tun könnten, um die körperliche Fitness von Menschen über 55 zu förderrn, und dass auch Sportzentren und kommunale Fitnessprojekte eine größere Rolle bei der Förderung des gesunden Alterns spielen könnten. Die Forschungsergebnisse unterstreichen die potenzielle Rolle von Bewegungsanbietern, Arbeitsplätzen und Unterstützungsdiensten wie Gesundheitsfachkräften und altersbezogenen Wohltätigkeitsorganisationen, um Menschen zu erreichen, die in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten oder bereits im Ruhestand sind. Zu den weiteren Empfehlungen für Arbeitgeber gehören eine Gesundheits- und Wohlfühlpolitik, die körperliche Aktivität fördert, die Bereitstellung von Möglichkeiten, am Arbeitsplatz aktiv zu sein, wie z. B. Wandergruppen und Radfahrprogramme zur Arbeit, die Entwicklung eines Unterstützungspakets für die Zeit vor dem Ruhestand mit Ratschlägen zu körperlicher Aktivität und Ermutigung, Pläne zu machen, um im Ruhestand aktiv zu sein, sowie die Förderung eines Kulturwandels, um Aktivität im späteren Leben zu fördern.