Schichtarbeit hat in den letzten Jahren weltweit zugenommen. Obwohl diese Tätigkeitsform zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit geworden ist, sind damit auch erhebliche gesundheitliche Probleme verbunden. Frühere Studien haben Schichtarbeit bereits mit einem erhöhten Risiko für koronare Ereignisse in Verbindung gebracht, wobei das höchste Risiko mit Nachtschichten verbunden ist. Andere verwandte Gesundheitsprobleme sind Magengeschwüre, Typ-2-Diabetes und Krebsarten wie Prostata-, Darm- und Brustkrebs. Neuere Forschungen zeigen, dass Schichtarbeit auch das natürliche Einsetzen der Menopause verzögern kann, möglicherweise aufgrund von Störungen des circadianen Rhythmus.
Schichtarbeit unterbricht den circadianen Rhyhtmus
Der Körper wird durch circadiane Rhythmen auf Tag und Nacht synchronisiert – 24-Stunden-Zyklen, die von internen biologischen Uhren gesteuert werden, die unserem Körper signalisieren, wann er schlafen, essen und wann er zahlreiche physiologische Prozesse durchführen soll. Menschen, die Schichtdienste leisten, haben jedoch unregelmäpige Schlaf-Wach-Muster und Essenszeiten. Dabei sind nicht unbedingt die längeren oder seltsamen Arbeitszeiten das Problem. Stattdessen ist es die Änderung des Wach-, Schlaf- und Essensrhythmus alle paar Tage, die unsere innere Uhr aus dem Gleichgewicht bringen, und es ihr erschwert, ihren natürlichen 24-Stunden-Rhythmus beizubehalten.
Obwohl frühere Studien die verschiedenen nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen von Schichtarbeit auf berufstätige Erwachsene gezeigt haben, gibt es wenig Forschung zu den Auswirkungen von Schichtarbeit auf Erwachsene mittleren und höheren Alters. Das Alter der natürlichen Menopause ist ein Anlass zur Sorge für Frauen mittleren und höheren Alters, da sowohl eine frühe als auch späte Menopause ein signifikanter Risikomarker für spätere Morbidität und Mortalität sein können.
Späteres Einsetzen der Menopause
Forscher haben die Hypothese aufgestellt, dass ein Faktor, der das Alter der Frau, wann sie in die Wechseljahre kommt, beeinflussen könnte, Schichtarbeit ist. Bereits frührere Forschungen habe eine mögliche Auswirkung einer Störung des circadianen Rhythmus auf den Eisprung und die Fruchtbarkeit nahegelegt. Bisher ist nur wenig über den Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und dem Einsetzen der Menopause dokumentiert.
Eine Studie, die auf Sekundärdatenanalysen von fast 3.700 prämenopausalen Frauen basiert, zielte darauf ab, den Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und Altersschwankungen in der natürlichen Menopause bei erwachsenen kanadischen Arbeitnehmerinnen zu untersuchen. Basierend auf den Studienergebnissen wurde ein signifikanter Zusammenhang zwischen wechselnden Schichten und einem verzögerten Einsetzen der Wechseljahre gezeigt. Frauen, die zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben in Wechsel- oder Nachtschichten arbeiteten, hatten mit größerer Wahrscheinlichkeit ein höheres Alter zu Beginn der Menopause im Vergleich zu Frauen, die während des Tages arbeiteten. Frauen, die zu Studienbeginn in einer Wechselschicht arbeiteten, erlebten mit größerer Wahrscheinlichkeit spätere Wechseljahre als Arbeiterinnen in Tagesschichten. Diejenigen, die angaben, am häufigsten in wechselnden Schichten zu arbeiten, waren zu Beginn der Menopause mit größerer Wahrscheinlichkeit älter als diejenigen, die tagsüber am längsten arbeiteten.
Während die genauen zugrunde liegenden Mechanismen nicht bekannt sind, wurde die Hypothese aufgestellt, dass wechselnde Schichtarbeit den circadianen Rhythmus stärker stört als regelmäßige Nachtarbeit, und sie wurde zuvor als Risikofaktor für nachteilige Folgen im Zusammenhang mit der Fortpflanzung untersucht. Laut Forschern könnte das verzögerte Einsetzen der Menopause das Resultat circiadianer Störungen sein, welche sich auf die Östrogenproduktion auswirken.
Schichtarbeit und Herzkrankheiten
Andere Forschungen untersuchten den Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und Risikofaktoren für Herzerkrankungen bei weiblichen Krankenhausangestellten, die sowohl im Schichtdienst als auch außerhalb der Schicht arbeiteten. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass etwa jede fünfte Frau mittleren Alters, die Schichtarbeit leistet, mindestens drei Risikoindikatoren für Herzerkrankungen aufweist. Von den untersuchten Frauen hatten 17 Prozent ein metabolisches Syndrom mit mindestens drei der identifizierten Indikatoren 38 % hatten Bluthochdruck. Besonders besorgniserregend war die Feststellung, dass 60 Prozent der Teilnehmerinnen einen Taillenumfang von mehr als 80 cm aufwiesen.
Bauchfett und ein erhöhter Taillenumfang sind gute Prädiktoren für das Risiko einer Herzkrankheit, eines Schlaganfalls, Bluthochdrucks, hohen Cholesterins und Typ-2-Diabetes. Je größer der Taillenumfang, desto höher ist Ihr Risiko, diese Erkrankungen zu entwickeln. Die Studie ergab, dass das Alter und der aktuelle Schichtarbeitsstatus signifikant mit einem erhöhten Risiko verbunden waren. Frauen über 45, die die Menopause erreicht hatten, hatten eine Schichtarbeits-History von über sechs Jahren, und jene, die aktuell 12 Stunden oder wechselnde Schichten, hatten eine höhrere Wahrscheinlichkeit für das metabolische Syndrom.
Unregelmäßige Arbeitszeiten erhöhen das Risiko für Diabetes
Langfristige wechselnde Nachtschichtarbeit ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes, und dieses Risiko steigt mit der Anzahl der Jahre, in denen in wechselnden Schichten gearbeitet wird. Frauen, die einen rotierenden (unregelmäßigen) Zeitplan haben, der drei oder mehr Nachtschichten pro Monat zusätzlich zu den Tages- und Abendarbeitsstunden in diesem Monat umfasst, haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, verglichen mit Frauen, die nur tagsüber gearbeitet haben, laut einer neuen Studie unter der Leitung von Forschern der Harvard School of Public Health (HSPH). Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, dass längere Jahre wechselnde Nachtschichtarbeit mit Gewichtszunahme verbunden waren, was zu einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes beiträgt.
Die Forscher fanden heraus, dass das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, umso größer war, je länger Frauen in wechselnden Nachtschichten arbeiteten. Diejenigen Frauen, die drei bis neun Jahre lang abwechselnd Nachtschichten verrichteten, waren einem um 20 % erhöhten Risiko ausgesetzt; Frauen, die 10 bis 19 Jahre lang nachts arbeiteten, hatten ein um 40 % erhöhtes Risiko; und Frauen, die über 20 Jahre in Nachtdienste leisteten, waren um 58 % stärker gefährdet. Darüber hinaus nahmen Frauen, die in rotierenden Nachtschichten arbeiteten, mehr an Gewicht zu zu und wurden während der Nachuntersuchung eher fettleibig. Diese Studie schärft das Bewusstsein für ein erhöhtes Fettleibigkeits- und Diabetesrisiko bei Nachtschichtarbeitern und unterstreicht die Bedeutung einer Verbesserung der Ernährung und des Lebensstils für die Primärprävention von Typ-2-Diabetes in dieser Hochrisikogruppe.
Auswirkungen von Schichtarbeit auf das Gehirn
Schichtarbeit kann laut Forschungen auch das Gehirn negativ beeinflussen und zu schwereren ischämischen Schlaganfällen führen. Das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an. Forschungen haben herausgefunden, dasss Menschen, die Schichtarbeit leisten, ein höheres Risiko für schwere Schlaganfälle, sowohl in Bezug auf Hirnschäden als auch auf Gefühlsverlust und Beweglichkeit der Gliedmaßen haben. Interessanterweise fand die Studie – unterstützt von der American Heart Association – heraus, dass Männer und Frauen große Unterschiede in dem Ausmaß aufweisen, in dem der Schlaganfall durch Störungen des circadianen Rhythmus verschlimmert wurde. Bei Männern war die Schwere der Schlaganfälle als Reaktion auf Schichtarbeitspläne viel schlimmer als bei Frauen. Die Forscher gehen davon aus, dass Hormone dafür verantwortlich sein könnten, da Östrogen bei Frauen Schutzwirkung auf das Gehirn haben könnte. Ältere Frauen, die sich der Menopause näheren zeigten jedoch im Vergleich zu Männern im gleichen Altern eine zunehmende Inzidenz von ischämischen Schlaganfällen und eine schlechte Prognose für die Genesung.
Aber wie beeinflusst Schichtarbeit die kognitiven Funktionen wie Gedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit? Forscher verfolgten die kognitiven Fähigkeiten von mehr als 3000 Menschen, die entweder in einer Vielzahl von Sektoren arbeiteten oder in den Ruhestand getreten waren, zu drei Zeitpunkten: 1996; 2001; und 2006. Knapp die Hälfte der Stichprobe, die aus den Patientenlisten von drei Arbeitsmedizinern in drei verschiedenen Regionen Südfrankreichs gezogen wurde, hatte mindestens 50 Tage im Jahr im Schichtdienst gearbeitet. Die Teilnehmer waren zum Zeitpunkt der ersten Testreihe, die darauf abzielte, das Lang- und Kurzzeitgedächtnis zu bewerten, genau 32, 42, 52 und 62 Jahre alt. Die Daten zeigten, dass diejenigen, die derzeit oder früher im Schichtdienst arbeiteten, niedrigere Werte in Bezug auf Gedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit und die allgemeine Gehirnleistung aufwiesen als diejenigen, die nur zu normalen Zeiten gearbeitet hatten. Die Forscher untersuchten auch, ob die Beendigung der Schichtarbeit mit einer Erholung der kognitiven Fähigkeiten verbunden war. Die Ergebnisse zeigten, dass es möglich war, die kognitiven Fähigkeiten nach Beendigung der Schichtarbeit wiederzuerlangen, dies jedoch mindestens fünf Jahre dauerte, Verarbeitungsgeschwindigkeiten ausgenommen.
Fazit
Eine unmittelbare Auswirkung dieser Studien auf die menschliche Gesundheit besteht darin, dass Personen in Berufen mit Schichtarbeit genauer und häufiger auf kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen und Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Fettleibigkeit überwacht werden sollten. Darüber hinaus sollten Personen, die Schichtdienste leisten, besonders auf eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und konsistenten Schlaf achten.